Christusträger Bruderschaft

Zu Besuch in Kabul

Wir Brüder begleiten unsere Mitarbeiter in der afghanischen Hauptstadt Kabul nun schon seit über zweieinhalb Jahren via Internet von Deutschland aus. Nun konnte Br. Jac Ende 2023 unsere Einrichtungen für einige Wochen wieder persönlich besuchen und berichtet:

Flughafen in Kabul – © Br. Jac 2024
Flughafen in Kabul – © Br. Jac 2024

Es war ein berührender Moment für mich, das Land, in dem ich 41 Jahre gelebt und gearbeitet hatte, nach einer längeren Zwangspause wieder zu betreten. Zu meinem Erstaunen fühlte ich mich in Kabul gleich wieder wie zu Hause. Die Straßen der Stadt sind ordentlich und aufgeräumt, es gibt weniger Staus und Sperren im Vergleich zu früher. Im Straßenbild hat sich in der Kleidung und im Verhalten der Menschen nicht viel verändert. Viele Stadtbewohner von früher sind nicht mehr da, neue sind vom Land in die Stadt umgezogen.

In unserer kleinen Wohnung neben einer der ambulanten Kliniken war alles sauber und ordentlich für meinen Aufenthalt vorbereitet. Ich fühlte mich dort die ganze Zeit über sehr wohl und auch sicher. Bei den Mahlzeiten genoss ich diesmal besonders das Fladenbrot, das Gemüse und die Früchte des Landes: Trauben, Kaki, Granatäpfel und viele weitere Leckerbissen.

Markt in Kabul – © CT-Archiv 2019

Dankbar für Begegnungen

Besonders groß aber war meine Freude über die Menschen, die ich treffen konnte. Und diese Freude war auch umgekehrt zu spüren. Unsere knapp 60 Mitarbeiter, von denen nur ganz wenige vorher von meinem Kommen wussten, waren voller Freude und drückten ihre Freude mir gegenüber auch aus.

Mich berührte es tief zu sehen, wie sie jetzt auch ohne uns Brüder vor Ort ihren Platz ausfüllen und ihre Arbeit an den Armen und Kranken treu und mit Hingabe tun.

Alle Afghanen haben eine sehr schwere und turbulente Zeit während des Machtwechsels und auch danach hinter sich. Der Wechsel ging nicht ohne tiefe Erschütterung ab, viele Menschen wollten damals nur noch weg, das Land verlassen. Davon ist jetzt kaum noch die Rede. Unsere Mitarbeiter jedenfalls sind alle froh und dankbar, einen Job bzw. einen Lebensunterhalt zu haben.

Wartebereich vor der Klinik – © Br. Jac 2024

Auch die Gesichter von einigen ehemaligen Leprakranken strahlten dankbar, als sie mich sahen. Manche packten mich regelrecht an der Kleidung und hielten mich fest, als wollten sie sich versichern: Er ist es wirklich!

Meine Tage in Kabul waren gefüllt mit Begegnungen. Ich traf altbewährte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch flotte junge Menschen, die neu zum Team gestoßen sind. Dankbar wurde ich für die neue Leitungsstruktur unserer einheimischen Mitarbeiterschaft, die sich nach dem Weggang einiger leitender Personen neu formieren musste. Mit eigenen Augen konnte ich sehen, dass das gut gelungen ist.

Epilepsie-Untersuchung durch einheimische Mitarbeiter – © Br. Jac

Im Einsatz für die Armen

Eine meiner wichtigen Aufgaben neben der anstehenden Verwaltungsarbeit war es, in dieser Zeit zu versuchen ein Bankkonto zu eröffnen. Das gelang zwar, aber noch funktioniert der internationale Geldtransfer nicht. Wir sind in dieser Frage weiter am Suchen, Beten und Hoffen. Einstweilen behelfen wir uns weiter mit alternativen Lösungen, denn die Not der Bevölkerung Kabuls ist groß und wir sind dankbar für jede Unterstützung, die wir den Ärmsten zukommen lassen können.

Unsere ambulante Klinikarbeit ist auch unter den neuen Bedingungen ein wahrer Segen besonders für die Mittellosen. Seit Jahrzehnten behandeln wir ohne Unterbrechung Tuberkulose- und Leprakranke, eine große Zahl Epileptiker sowie tausende Patienten (meist Kinder), die unter Leishmaniose (einer Hautinfektionskrankheit) leiden.

Auch der stille Dienst unserer Werkstatt kommt weiterhin vielen Patienten in etlichen Kliniken der Stadt zugute. Die Werkstattmannschaft repariert Medizintechnik in verschiedenen Krankenhäusern und speziell auch in Einrichtungen für Frauen. Eine indirekte Hilfe für viele Menschen, für Personal wie Patientinnen und Patienten.

Kind mit Leishmaniose – © Br. Jac 2024

Wir freuen uns, dass wir nun schon zum zweiten Mal einen Vertrag mit dem afghanischen Gesundheitsministerium unterschreiben konnten. Das bedeutet zwar jeweils einen langwierigen bürokratischen Aufwand (wie alle administrativen Aufgaben dort), gibt unserer Arbeit aber einen gewissen Rahmen.

Neben vielen Kontakten zu Einheimischen begegnete ich auch internationalen Freunden. Wir konnten uns lebhaft und tiefgehend austauschen über die Lage im Land und über wesentliche Anliegen, die uns verbinden. Ich staunte, dass es in Kabul inzwischen wieder einige Dutzend internationale Hilfskräfte gibt, darunter auch Frauen. Und das trotz all der Herausforderungen in diesem Land.

Die Not in Afghanistan ist weiterhin groß. Neben der bitter armen Bevölkerung Kabuls suchen in diesen Tagen Tausende von Flüchtlingen, die aus den Nachbarländern ausgewiesen wurden, im ganzen Land nach einer Bleibe, nach Arbeit und Verdienst. Besonders bewegt hat mich diesmal zu erfahren, wie sehr gebildete Eltern leiden, deren Töchter nun nicht mehr lernen, geschweige denn studieren dürfen.

Dankbar und motiviert zurück

Wieder zurück in Deutschland bin ich neu in der Gewissheit gestärkt, dass wir Christusträger die Menschen in Afghanistan nicht in ihrer Not alleine lassen dürfen. Wir wollen ihnen auch weiterhin von Triefenstein aus mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln helfen.

An dieser Stelle geht unser besonderer Dank an Sie, liebe Freundinnen und Freunde, dass Sie uns all die Jahre über so treu bei diesem Dienst unterstützt haben.

Herzliche Grüße

Br. Jac Illi, 04.01.24

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